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7Ob96/07d

Die Frage, ob es sich bei Ausschlussbestimmugen in Bedingungen um echte Ausschlüsse oder doch „nur“ um verhüllte Obliegenheiten handelt, beschäftige immer wieder unsere Gerichte. In einem kürzlich ergangenen Urteil des OGH nahm dieser zu Ausschlussbestimmugen in den Allgemeinen österreichischen Transportversicherungs-Bedingungen (AOTB 1988) Stellung.

Ein Unternehmen, welches auf die Herstellung von individuellen Schaltschränken spezialisiert ist, übergab dem mit dem Transport beauftragten Frächter im September 2000 zwei Schränke zur Auslieferung an den Kunden. Die Schaltschränke waren nicht verpackt und wurden auf einen Lkw mit offener Ladefläche gehoben. Dort wurden sie verzurrt, wobei zwischen die Schaltschränke selbst und zwischen Schaltschränke und Zurrgurte Kartonteile gesteckt wurden. Beim Befahren eines Kreisverkehrs fiel einer der Schränke um und wurde erheblich beschädigt.

Die Transportversicherung wies eine Entschädigungsleistung mit Hinweis auf Polizze und Bedingungen mit der Begründung zurück, dass keine transportgerechte Verpackung erfolgt wat In der Polizze war als Gegenstand der Versicherung festgehalten, dass als versicherte Güter „Schaltschränke .... transportgerecht in Kisten und Kartons verpackt“ gelten. Dies sei bereits eine Einengung, sodass die in § 6 Abs. 2 g) AÖTB 1988 angeführten Ausschlüsse infolge Fehlens oder Mängel transportgerechter Verpackung gar nicht zur Anwendung kommen, zumal es sich beim beschädigten Gut aufgrund der Risikoumschreibung in der Polizze um eine nicht versicherte Sache handelte.

Der Klage des Versicherungsnehmers gab das Erstgericht statt. Und kam zu dem Ergebnis, dass die Versicherungsbedingungen unklare Regelungen enthalte, die nach ABGB § 915 zu Lasten des Versicherers auszulegen sei. Die Klägerin habe zwar den Erfordernissen der transportgerechten Verpackung nicht entsprochen und es sei auch davon auszugehen, dass die mangelnde Verpackung einen Risikoausschluss darstelle. Und nach den Bestimmungen des § 6 AÖTB Abs. 2 lit g und j sind Schäden ausgeschlossen, die verursacht werden durch Fehlen oder Mängel transportgerechter Verpackung sowie durch Beförderung in offenen Landtransportmitteln. Allerdings stehe dem Versicherungsnehmer nach § 6 Abs. 3 AÖTB ein Gegenbeweis zu. Darin heißt es: „Konnte nach den Umständen des Falles ein Schaden aus einer oder mehreren der in Abs. 1—2 bezeichneten Ursachen entstehen, so wird bis zum Nachweis des Gegenteils durch den Versicherungsnehmer vermutet, dass der Schaden daraus entstanden ist“. Im Hinblick auf diese Möglichkeit des Gegenbeweises wertete das Gericht die Ausschlussbestimmung als verhüllte Obliegenheit. Das Gericht nahm als erwiesen an, dass sowohl die transportgerechte Verpackung fehlte als auch das Ladegut auf einem offenen Lkw transportiert wurde. Im Hinblick auf den Hergang des Schadens nahm das Gericht aber auch an, dass die eingetretenen Schäden — mehr oder weniger stark — auch bei Einhaltung der bedingungsgemäßen Vorgaben entstanden wären. Es sah daher seitens der Klägerin den Beweis erbracht, dass die fehlende Verpackung und das offene Fahrzeug nicht kausal für den Schaden waren.

Das Berufungsgericht bestätigte im Wesentlichen das Urteil der Erstinstanz und ließ im Hinblick auf die Bedeutung für alle Versicherungsverträge, denen die AÖTB zu Grunde liegen, die ordentliche Revision zu.

Ungeachtet der aus der Polizze zu entnehmenden Beschreibung der versicherten Sachen sah der OGH keinen Grund, warum § 6 Abs. 2 AÖTB keine Geltung haben sollte, wie die Beklagte argumentierte. Wäre dies gewollt gewesen, hätte die Beklagte eine diesbezügliche ausdrückliche Vereinbarung treffen müssen. Die fehlende Verpackung habe daher nicht an sich schon zum Ausschluss der Deckung geführt. Ganz allgemein ist bereits im VersVG § 131 Abs. 2 normiert, dass der Versicherer bei Versicherung von Gütern nicht für einen Schaden haftet, der durch mangelhafte Verpackung der Güter verursacht wird. Der OGH sieht im Lichte dieser gesetzlichen Bestimmung auch die in § 6 Abs. 2 g und j AÖTB normierten Ausschlüsse als echte Risikoausschlüsse au. Im Gegensatz zur Rechtsmeinung der Untergerichte sei daher mangels Vorliegen einer Obliegenheit kein Kausalitätsgegenbeweis durch den Versicherungsnehmer zulässig. Die Beweislast für das Vorliegen eines Risikoausschlusses trifft nach ständiger Rechtsprechung den Versicherer. Allerdings legt § 6 Abs. 3 AÖTB eine besondere Beweislastregelung fest. Nach dieser Bestimmung wird die Beweislast für den Versicherer erleichtert, da er im Einzelfall nur tatsächlich vorhandene Gefahrenumstände als mögliche Gefahrenquelle nachweisen muss, wenn der Ablauf der Dinge auf diese Gefahr als Schadenursache hinweist. Der Versicherungsnehmer hat nach diesen Bestimmungen allerdings das Privileg, trotz Risikoausschluss den Beweis anzutreten, dass die Schäden auf diese Weise nicht entstanden sind. Im vorliegenden Fall ist der Klägerin der Beweis gelungen, dass die Schäden nicht durch das Fehlen oder den Mangel der Verpackung und auch nicht durch die Beförderung auf einem offenen Transportmittel verursacht wurden. Damit hat sie bewiesen, dass trotz des vom Versicherer behaupteten Anscheins des Vorliegens von Risikoausschlüssen diese dennoch nicht vorliegen. Damit war aber die beklagte Versicherung zur Deckung des Versicherungsfalles verpflichtet.